Auch in dieser Spielzeit reist das Stuttgarter Ballett nach Fernost – dieses Mal nach China, wo es beim letzten Mal das Publikum in Macao begeisterte.
In Shanghai und Peking zeigt das Stuttgarter Ballett John Neumeiers Die Kameliendame im Rahmen zweier bedeutender Festivals: Dem 14. China Shanghai International Arts Festival und dem 1. International Dance Festival des National Centre for the Performing Arts in Peking.
ÜBER "DIE KAMELIENDAME"
„Ihre Haltung, ihr Charme und ihre Anmut sicherten ihr in der geplanten Welt einen bevorzugten Platz. [...] Sie war unübertrefflich elegant. Solange es welche zu kaufen gab, hatte sie weiße Kamelien bei sich."
Mit diesen Worten beschrieb der Journalist und Autor Gustave Claudin die gefeierte Kurtisane Marie Duplessis, deren kurzes, bewegtes Leben in dem Roman La dame aux camélias von Alexandre Dumas d. J. verewigt wurde. Dumas gab ihr den Namen Marguerite Gautier und legte den Schwerpunkt seines Romans auf die Liebesaffäre zwischen ihr und Armand Duval, einem jungen Mann aus gutem Hause. Die Beziehung nimmt ein tragisches Ende, als die an Schwindsucht leidende Marguerite von Armands Vater mit der Bitte aufgesucht wird, sich von Armand zu trennen – zum Wohl seiner bürgerlichen Familie und im Hinblick auf Armands Aussichten als Mitglied einer Gesellschaft, der Marguerite nie angehören kann. Marguerite opfert ihre Liebe zu Armand in dem Glauben, ihm dadurch eine bessere Zukunft zu sichern. Erst nach ihrem Tod erfährt Armand, warum Marguerite ihn verlassen hat, denn nach der Trennung von ihm stirbt die Kurtisane einsam und verarmt.
John Neumeier kreierte mit seinem Ballett, basierend auf Dumas' Roman, ein Gesamtkunstwerk von seltener Schönheit und tragischer Tiefe. Seine Musikauswahl fiel nicht zufällig auf Frédéric Chopin, der, wie Marie Duplessis, an Schwindsucht starb und zur gleichen Zeit wie die Kameliendame in den selben Pariser Salons verkehrte. Wie Neumeier die expressive Musik Chopins auslotet und -kostet und sie nahtlos mit seiner choreographischen Erzählweise verflicht, trägt viel zu der emotionalen Wirkung des Ballettes bei.